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Gaming In Color: Queerdenker

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Dass sich die Videospielbranche durch eine Hegemonie der Heterosexualität definiert, zeigt sich auch fast sechzig Jahre nach der Erfindung des ersten Videospiels noch. Mit der Öffnung des Mediums für eine größere Zielgruppe und der zunehmenden Verfügbarkeit technischer Mittel für die Spieleentwicklung, wurde diese Basis in jüngster Vergangenheit zwar spürbar rissig — fernab der kleinen, mühsam herausgemeißelten Einbuchtungen aber gibt es nach wie vor nur wenig Rückzugsraum für Menschen, die homo-, bi-, trans- oder intersexuell sind.

Das ist kaum verwunderlich, bediente sich die Industrie doch über Jahrzehnte hinweg eines idealisierten Männerbildes, das körperliche Stärke und Erfolg bei den Frauen ins Zentrum rückte, um den alltagsgebeutelten Nerds vor ihren heimischen Fernsehern durch Ermächtigungsfantasien ein wenig Abwechslung zu bieten. Wie sehr es daran allerdings in den Augen jener mangelt, die sich physisch oder psychisch nicht mit diesen heteronormativen Abziehbildern identifizieren können, zeigt die Dokumentation Gaming In Color. Nach der erfolgreichen Kickstarter-Finanzierung bereits im vergangenen Jahr veröffentlicht, jedoch zunächst nur im Rahmen von Festivalprogrammen und auf der eigenen Webseite per Stream verfügbar, wurden in dieser Woche neue Vertriebswege erschlossen, unter anderem iTunes, Google Play und die Online-Netzwerke von PlayStation und Xbox.

Deren Schöpfer setzen nun also dazu an, ihrer klaustrophobisch kleinen Nische zu entkommen und möglichst viele Menschen anzusprechen – demnächst auch über Steam. Dass dieser Schritt ein ungemein wichtiger ist, geht aus den filminternen Interviews mit acht Expert_innen aus Spieleentwicklung, -forschung und -journalismus hervor, die – sich allesamt als queer identifizierend – von ihren professionellen Erkenntnissen und persönlichen Spielerfahrungen berichten. Sehr gelungen betonen sie dabei zunächst die Besonderheiten des Mediums, vom intensiven Eintauchen in fremde Welten bis hin zum damit verbundenen Identifikationsprozess mit Menschen und Lebensentwürfen, zu denen man sonst wenig Kontakt hat.

So erzählt George Skleres, Spieleentwickler bei Riot Games, sichtlich begeistert, wie ihm Spiele Sozialisierungsprozesse erleichterten und sogar, durch Strategiespiele wie “Warcraft II” und “Sim City”, einen ersten Einblick in die Welt der Finanzen boten, während Colleen Macklin einen nüchterneren Ansatz wählt und von einer notwendigen Vertrautheit mit spiel- wie gesellschaftsinternen Systemen spricht. Geschickt ist das in zweierlei Hinsicht: Zum einen wird so deutlich, wie wichtig ein erleichterter Zugang zum Medium ist und zum anderen, dass LGBT-Menschen sich von anderen zunächst nur durch ihre Sexualität unterscheiden und ebenso euphorische Nerds sein können wie heterosexuelle Jungen.

Was zunächst überflüssig, da selbstverständlich erscheinen mag, offenbart seine Notwendigkeit durch einen Einblick in die Darstellung von Homo- und Transsexualität in Spielen: Allzu oft dient die “abweichende” Sexualität als definierendes Merkmal und wird lediglich um mentale Versehrtheit, Sadismus und Brutalität ergänzt. Wie auch oft bei der Darstellung “anderer” Ethnien der Fall, erfahren alle Abweichungen von einem willkürlich gesetzten Status Quo eine negative Repräsentation, die der eigentlichen Zielgruppe zur Rückversicherung der eigenen Normalität dient. Dass vergleichbare Prozesse auch in den “gay communities” ablaufen, ist eine für manche sicherlich überraschende Erkenntnis, auf die Gaming In Color stattdessen seinen Fokus legt.

So ist von einem doppelten “coming out” die Rede, das queere Spieler_innen durchleben müssen: Dem als nicht-heterosexueller Mensch und jenem als Nerd, der sich sowohl innergesellschaftlich als auch in der LGBT-Gemeinschaft potenziell Schmähungen ausgesetzt sieht, da gerade unter homosexuellen Männern ein Körperkult existiert, in dem hagere oder füllige Menschen kaum Platz finden. Die frustrierende Erkenntnis, weder in der einen noch der anderen Szene bedingungslos akzeptiert zu werden, veranlasste Matt Conn dazu, 2012 mit der “GaymerX”-Convention eine Veranstaltung ins Leben zu rufen, die sich explizit an LGBT-Spieler_innen richtet (aber ebenso offen ist für Menschen aller anderen sexuellen Vorlieben und Identitäten). Anders, als in einem Großteil übriger Branchenveranstaltungen, wird die vermeintliche Abweichung hier zur Norm und so ein sicherer Ort für jene geschaffen, die sich andernorts doppelter oder gar dreifacher Diskriminierung ausgesetzt sehen.

Diese Tendenz zu ausgeprägter Toleranz zeigt sich auch in der kritischen Analyse der Zustände außerhalb solcher Zufluchtsorte. Überwiegend sachlich legt etwa Spieleentwicklerin Naomi Clark dar, woher die mangelnde Akzeptanz und bisweilen offene Feindseligkeit der heterosexuellen Spielerschaft rührt: Wer sich plötzlich mit politischen Problemen auseinandersetzen muss, denen er durch das Spielen explizit zu entkommen versucht, reagiert ablehnend. Wer noch nie Kontakt zu einem homo- oder transsexuellen Menschen hatte, kann dessen spezielle Nöte natürlich kaum nachvollziehen. Diese Nüchternheit ist wichtig, weil sie zeigt, dass die Sorgen aller eine Daseinsberechtigung haben und ein offener Dialog möglich ist. So auch auf einer Messe wie der “GaymerX”.

Nun ist dem Film allerdings anzumerken, dass Conn als Produzent ebenso wie Regisseur Philip Jones darum bemüht war, die gemeinsam veranstaltete Convention positiv hervorzuheben. Die letzte Viertelstunde des 62-minütigen Films ist fast ausschließlich eben dieser gewidmet und mutiert schnell zu einem eigenen Hochglanz-Imagefilm, in dem Messebesucher_innen in die Kamera lächeln und herunterbeten dürfen, was an dieser Veranstaltung so einzigartig toll ist. Angesichts ihrer Bedeutung für die US-amerikanische LGBT-Gemeinschaft und der offensichtlich authentischen Freude, kann man das aber durchaus verzeihen, zumal der positive Ausblick als Kontrast zu den zuvor deprimierenden Einsichten wohl als notwendig erachtet wurde.

Schade ist nur, dass es anderen, wichtigen Themen hierdurch an Präsenz fehlt. Dass der Film recht deutlich von einer männlich-homosexuellen Perspektive dominiert wird, wäre zu verschmerzen, wenn nicht andere Sichtweisen hierdurch schlicht unter den Tisch fallen würden. Zwar sind unter den Interviewpartner_innen zwei lesbische Frauen, deren spezifische Erfahrungen aber werden kaum thematisiert. Das ist insbesondere deshalb problematisch, weil die an sich gelungene Einbindung von Youtube-Kommentaren den Eindruck erzeugt, weibliche Homosexualität würde per se offener und positiver aufgenommen, als männliche. Warum das so sein könnte, bleibt jedoch unhinterfragt.

Dabei gelten lesbische Romanzen gemeinhin nur dann als tolerierbar, wenn man sie im Sinne männlicher Heterosexualität ästhetisch inszenieren kann, wie Pornofilme und Videos über die heißesten Videospiellesben drastisch veranschaulichen. Gänzlich unsichtbar bleiben außerdem bisexuelle Menschen, die auch innergesellschaftlich oft als nonexistent deklariert werden und sich in der LGBT-Gemeinschaft einer speziellen Diskriminierung ausgesetzt sehen, weil sie vielfach als Hochstapler_innen oder unentschlossen gelten.

Dass in einem einstündigen Film nicht jedes Detail ausgeführt werden kann, ist klar. Warum jedoch eine Produktion, die sich der Sexualitäts- und Identitätsvielfalt verschrieben hat, ganze Themenkomplexe derart vernachlässigt, erschließt sich nicht. So bietet Gaming In Color einen sehr gelungenen Einblick in die Probleme vor allem homosexueller Menschen, kann jedoch seinem eigenen Anspruch nicht genügen, sich der kompletten Gender-Farbpalette zu bedienen. Auch in ihrer Inszenierung überzeugt die Dokumentation nicht immer: Die während der Interviews eingeblendeten, animierten Schaubilder erscheinen als typografische Scheußlichkeiten auf kariertem Untergrund und oftmals wenig aussagekräftig.

Falls sie es doch sind, wird ihr Informationsgehalt von dem der Interview-O-Töne überlagert, sodass es nahezu unmöglich ist, alle relevanten Aussagen gleichzeitig zu erfassen, wenn man nicht zwischendurch pausiert oder zurückspult. Ebenso lästig ist das im Hintergrund vor sich hinplänkelnde Ambient-Gedudel, das sich ewig wiederholt und durch seine auch lautstärkespezifische Indezenz häufig in den Vordergrund drängt.

Doch trotz seiner schwankenden Qualität ist Gaming In Color ein wichtiges und interessantes Werk, weil es einen umfangreichen und zugleich persönlichen Einblick in die Lebenswirklichkeit von Spieler_innen fernab der in Zement gegossenen Triple-A-Zielgruppe bietet. Es sei ihm daher von Herzen gewünscht, dass es sich durch den Vertrieb auf allgemein zugänglichen Plattformen ein größeres Publikum erschließen wird. Für die dringend notwendige Diversifizierung der Darstellung homosexueller Menschen im Spiel wäre dies ein wichtiger Schritt.

Sex in Videospielen: Eine Kulturgeschichte

Howdoyoudoit

Sex ist ein integraler Bestandteil vieler Beziehungen, dennoch fällt gerade in Spielen der Umgang damit oft hochgradig verschämt aus. Die “Sims” verkriechen sich zum gemeinsamen “WooHoo” unter ihren Bettdecken, zaghaft inszenierte Sexszenen in Sci-Fi-Szenarien gelten als skandalös. Warum bloß?

Sex ist überall

Die meisten Menschen haben zeit ihres Lebens immer wieder mal Sex. Sex ist überall präsent: auf Litfaßsäulen, Leinwänden und Youtube, in Musikvideos und Kunstmuseen, in Popsongs und Buchläden und natürlich im Fernsehen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wirft man allerdings einen Blick auf die Videospielhistorie, fällt schnell auf, dass Sex darin eine allenfalls untergeordnete Rolle spielt und, wenn überhaupt, im Rahmen von Skandalen thematisiert wird.

Dabei hält er schon früh Einzug in das Medium. Als Pionier des digitalen Geschlechtsverkehrs gilt das 1981 veröffentlichte “Softporn Adventure” der Firma Sierra On-Line, bekannt auch wegen seines Covers, für das Entwicklerkoryphäe Roberta Williams mit zwei ihrer Kolleginnen nackt in einen Whirlpool steigt. Wenngleich relativ bieder, ist das Spiel zu diesem Zeitpunkt ein Novum. Ein glückloser Mann begibt sich darin auf die Suche nach einer Partnerin, mit der er den Beischlaf vollziehen kann – ein Plot, der später auch als Blaupause für die berühmte “Leisure Suit Larry“-Reihe herhält. Das allererste Mal zieht dessen Protagonist Larry Laffer 1987 aus, um seine Jungfräulichkeit zu verlieren. Das Spiel mit dem mäßig attraktiven Schwerenöter im weißen Polyesteranzug bietet damals einen zwar oberflächlichen, aber immerhin humorvollen Zugang zum Thema Sexualität, der aufgrund seiner Leichtigkeit auch verklemmtere Menschen anspricht.

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Dieser Artikel ist ursprünglich in der WASD #7 erschienen.

[Limits of Control] – Flow charts of protagonist’s everyday life

Tanks statt Topmodels – Die Ästhetisierung von Weiblichkeit im Videospiel

Zarya_07© Blizzard Entertainment

Eine kreuzförmige Narbe über dem rechten Auge. Wohldefinierte, tätowierte Oberarme. Und: Pinkes Haar. Aleksandra Zaryanova ist eine von zwei neuen Figuren, die Spieleentwickler Blizzard kürzlich der Heldenriege seines bald erscheinenden Titels „Overwatch“ hinzufügte. Als erste Bilder der muskulösen Soldatin an die Öffentlichkeit gelangten, war die Begeisterung groß, denn Frauen wie diese sind in Spielen Ausnahmeerscheinungen.

Ebenso außergewöhnlich wie “Zarya” selbst ist ihre Entstehungsgeschichte. Als Blizzard im November des vergangenen Jahres auf der hauseigenen Messe in Kalifornien die erste neue Marke seit 17 Jahren präsentierte, versprach die Firma nicht nur in diesem Sinne industrierelevante Neuerungen. Chris Metzen, der Vice President of Creative Development, berichtete während einer Pressekonferenz von einem Gespräch mit seiner Tochter, das ihn nachdenklich stimmte. Denn nachdem die beiden gemeinsam einen „World of Warcraft“-Trailer gesehen hatten, fragte ihn sein Kind, warum bloß alle weiblichen Charaktere Badeanzüge tragen würden. Und er wusste darauf keine Antwort. Klar war für ihn daraufhin nur, dass sich etwas ändern musste – und dass der neue Titel „Overwatch“ eine geeignete Plattform dafür sein würde, Rollenvorbilder für Frauen vorzustellen, die vom traditionell sexualisierten Ideal abweichen. „We want girls to feel kick-butt. Equally represented“, so Metzen.

Und tatsächlich: Fünf der insgesamt fünfzehn anschließend vorgestellten, spielbaren Figuren waren weiblich – immerhin ein Drittel und damit deutlich mehr, als es sonst in Spielen üblich ist. Von einer ausgeglichenen Besetzung konnte damit zwar keine Rede sein, doch die dahinterstehende Absicht war als Fortschritt zu werten. Nur legte ein schweifender Blick über die farbenfrohe Gruppe legte ein ganz anderes Problem offen: Die Gleichsetzung von Weiblichkeit und Schönheit. Denn während die männlichen oder – auf den ersten Blick – geschlechtlich uneindeutigen Figuren ein breites Spektrum von Körpergrößen, -formen und individuellen Persönlichkeiten abdecken, sind jene fünf Frauen durchweg jung und grazil, ihre Körper variieren nur geringfügig voneinander. Als Ausnahme mag Pharah wahrgenommen werden, die in ihrer massigen, blauen Rüstung einen Vergleich mit Samus Aran nicht zu scheuen bräuchte. Stellt man sie allerdings ihren schwerbepanzerten, männlichen Pendants gegenüber, wirkt die zunächst beeindruckende Gestalt geradezu winzig. Sie mag als Besonderheit erscheinen – allerdings nur in dem eng umrissenen, ästhetischen Rahmen, der Frauen zugestanden wird.

Nun ist dieses kein videospielexklusives Phänomen, vielmehr spiegelt das Medium wider, was in unserer Gesellschaft als schön wahrgenommen und reproduziert wird. Die Idealisierung einer jugendlichen Makellosigkeit, die kein reales Vorbild hat, sondern durch und durch künstlich ist, führt zur Normierung einer unerreichbaren Form von Attraktivität. Und so verwundert es nicht, wenn selbst Spieleentwickler_innen mit einem kritischen Bewusstsein für stereotype Darstellungen von Weiblichkeit ein solcher faux-pas unterläuft. Auch sie unterliegen medialen Einflüssen, die ihr Welt- und Menschenbild prägen.

Seltsam ist es dennoch, dass solche Fehler immer wieder passieren, denn im Grunde würde ein kurzer Blick aus der Haustüre genügen, um die tatsächliche visuelle Bandbreite zu erkennen, die der menschliche Körper abdeckt. Sicher: Klassische Heldenfiguren werden bewusst idealisiert, sind innerlich wie äußerlich makellos. Analysiert man jedoch die Darstellung von Männlichkeit in diesem wie auch anderen Medien, zeigt sich eine große Auswahl alternativer Entwürfe, die dem Marketingideal gegenübergestellt wird: Der liebenswerte, schlacksige Nerd rettet die Welt, der untersetzte Klempner seine Prinzessin, und der von Alkohol- und Drogenmissbrauch gezeichnete Antiheld bewältigt, wenngleich latent mürrisch und immer mit einem zynischen Spruch auf den Lippen, pflichtbewusst seine Missionen.

Mehr noch können maskulin konnotierte Figuren monströs erscheinen – so auch Winston, das durch seinen Namen und seine Stimme eindeutig als männlich zu identifizierende Quotentier in „Overwatch“. Feminine Gegenbeispiele dieser Art gibt es so gut wie keine. Ausnahmen sind überwiegend an den Wegesrändern gigantischer Rollenspielwelten und in Beat’em-Ups zu finden. So unter anderem in „Bloody Roar“, dessen Frauenfiguren sich jedoch überwiegend als rotäugige Häschen, flauschige Catgirls und Fetischkleidung tragende Füchse entpuppen. Lediglich Mitsuko, deren tierisches Alter-Ego in Form eines Wildschweins daherkommt, bricht bereits in ihrer menschlichen Form mit allen tradierten Formen femininer Attraktivität. Mehr noch gilt dies für Vertigo aus dem 90er-Jahre-Prügler „Primal Rage“, eine echsenförmige, giftspeiende Göttin, die Jim Sterling vor anderthalb Jahren konsterniert zum einzigen innovativen, weiblichen Charakter der Videospielgeschichte ernannte.

Und im Prinzip hat sich seither nicht viel geändert. Ungeachtet des anhaltenden Diskurses über die Darstellung von Weiblichkeit im Spiel, konzipiert eine Mehrheit der Character Designer – vielfach auf Anweisung ihrer Vorgesetzten – Männer im Hinblick auf ihre Rolle im Spiel und Frauen als Dekoobjekte. In diesem Sinne aufgefallen ist auch Blizzard nicht erst mit „Overwatch“. Als das Unternehmen ankündigte, die nach fast fünfzehn Jahren etwas angestaubte Grafik seines MMORPGs „World of Warcraft“ überarbeiten zu wollen, zeigten die ersten Character Sheets Männer mit deutlich erkennbaren Charakterzügen, Makeln und bisweilen grotesker Anatomie. Und schöne Frauen. Selbst die Orc- und Trolldamen wirkten inmitten ihrer buckeligen Verwandschaft erstaunlich filigran und präsentierten apathisch dreinblickend die Frisurentrends des Jahres.

Einiges deutet darauf hin, dass solche Darstellungen von der zahlenden Kundschaft gewünscht werden – und das auch von deren weiblichem Anteil. Studien zeigten in der Vergangenheit wiederholt, dass ein eng gefasstes Schönheitsideal zwar zu einer negativen Selbstwahrnehmung führen kann, viele Frauen ihre idealisierten und auch sexualisierten Abbilder aber bevorzugen, insbesondere in Spielen. Zurückführen lässt sich das auf sozial etablierte Vorstellungen von Weiblichkeit, die verinnerlicht und als erstrebenswert wahrgenommen werden, sowie auf die in den Medien weit verbreitete Verknüpfung von Stärke und Sexiness. Wer dem Ideal im Arbeits- und Beziehungsalltag nicht entsprechen kann, adaptiert es eben im digitalen Raum.

“Such a positive reaction is understandable given that in our pop culture it is often the woman in leather, who is sexualized to some degree, that is the strong, active, independent and competent fighter alongside her male counterparts (Brown, 2004). It may be that the women who picked the hypersexualized character were responding to this common portrayal, interpreting the hypersexualized as the more powerful, and thus the most likely to be successful in the game.” – CarrieLynn D. Reinhard (“Hypersexualism in video games as determinant or deterrent of game play: Do men want them and do women want to be them?”)

Werden schlagkräftige, durchsetzungsfähige Frauen mehrheitlich als üppig proportioniert und weniger üppig bekleidet präsentiert, liegt es nahe, unwillkürlich einen an sich nicht existenten, kausalen Zusammenhang zwischen diesen Eigenschaften herzustellen. Und in Folge dieses nahezu unerreichbare Gesamtkonzept als wünschenswert wahrzunehmen. Eben drum trifft man in MMORPGs allerorten auf zierliche Elfen, bildschöne Kriegerinnen und allenfalls dezent hakennasige Orcs, selbst wenn diese Spiele durch komplexe Charakter-Editoren zumindest punktuell die Möglichkeit bieten, von diesen Standards abzuweichen.

Zuverlässig folgt daher stets der Einwand, dass die Nachfrage das Angebot bestimme, die Konsument_innen selbst für diese Inhalte verantwortlich seien und es ergo gar kein Problem gäbe, dass es zu kritisieren oder gar zu beseitigen gelte. Diese Argumentation aber vernachlässigt den Aspekt der medialen bzw. sozialen Prägung und damit die Tatsache, dass unser Schönheitsempfinden durch äußere Einflüsse maßgeblich mitbestimmt wird. Sie ignoriert, dass mediale Inhalte das wackelige Fundament unserer Selbstwahrnehmung sind und dass wir zum Eskapismus genötigt werden, weil wir uns in unseren unperfekten Körpern nicht mehr wohlfühlen können.

Die Gleichsetzung von Femininität und Schönheit ist eine ebenso weit verbreitete wie willkürliche. Frauen sind nicht per se anmutiger, attraktiver und aufreizender als Männer. Vielmehr hebt diese spezifische Form der Idealisierung Frauen aufgrund ihres zufällig generierten Gen- oder sehr bewusst konzipierten Polygonpools auf ein Podest, von dem sie nicht herunterklettern können, weil es ästhetische Gefälligkeit als höchstes Gut und selbstbestimmtes Handeln als sekundär kennzeichnet. Auch der Wert gestandener Heldinnen bemisst sich nach wie vor an ihrer Körbchengröße, ihren feinen Gesichtszügen und damit an ihrem ästhetischen Marktwert – obwohl der für ihre spielinternen Rollen gemeinhin nicht relevant ist.

Umso wichtiger sind daher Figuren wie „Zarya“, weil sie ein Bewusstsein für diese Probleme und ein offenes Ohr einiger Firmen für die Kritik ihrer Kund_innen erkennen lassen – und sei es nur aus ökonomischen Gründen. Die stämmige Bodybuilderin stellte eine direkte Reaktion auf die Unzufriedenheit dar, die angesichts des einseitigen Weiblichkeitsideals in „Overwatch“ an Blizzard herangetragen wurde. Zwar repräsentiert die burschikose Russin ebenfalls ein Stereotyp, das berechtigterweise kritisiert wurde. Wenn nun aber Tür und Tor geöffnet wurden für muskulöse, stämmige, runde und – das ist besonders wichtig – alte Frauen, besteht Hoffnung auf mehr Vielfalt. Und ein Menschenbild in Videospielen, das dem auf unseren Straßen zumindest ansatzweise entspricht. Glatte, weiche Haut, dünne Gliedmaßen und wallendes Haar sind Indikatoren für Attraktivität, aber bei weitem nicht die einzigen. Es gibt so viele Formen der Schönheit und es wird Zeit, dass wir unsere Augen wieder dafür öffnen.

Eine gekürzte und geänderte Fassung dieses Textes wurde bei Zeit-Online veröffentlicht.

Beng Popeng – Character Designs für ein Mobile Game

Der Dandy kommt ins Dorf – Work in progress

Troll & Happen – Skizzen

Tll_Skizzen_03 TH_Entwurf_02

The Village

 

Ein Spaziergang durch “The Village”: https://www.youtube.com/watch?v=awxbGUMInhg

Markus Muckhoff (project leader, engine developer), Markus Kleffmann (engine developer), Anna Rotenberg (lead designer, 2D/3D artist), Boris Brusberg (3D graphics, light), Heike Rossmann (2D/3D artist), Nina Kiel (2D/3D artist), Gerald Schenke (programming)

Gravity – Screenshots

 

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