Shelter

Shelter_04

Langsam schleiche ich durch das Dickicht. Meine Beine schmerzen, ich bin hungrig. Hinter mir ertönt ein leises Jammern, über mir der eindringliche Ruf eines Vogels, dessen riesiger Schatten über der Erde kreist. Abrupt endet das Gehölz, vor mir tut sich eine weite Ebene auf. Der nächste, rettende Unterschlupf erscheint kilometerweit entfernt. Doch es bleibt mir keine andere Wahl, als den Sprint zu wagen, angsterfüllt in den Himmel und zugleich voller Sorge hinter mich zu blicken. Dann, plötzlich: Ein schriller Schrei. Ich bin eine Dachsmutter. Und ich habe soeben eines meiner Jungen verloren.

Im weiteren Spielverlauf sollte sich zeigen, dass diese Verlusterfahrung in Shelter, dem neuen Werk des schwedischen Entwicklerstudios Might and Delight, kein einmaliges Ereignis bleiben würde. Das sich zu Beginn präsentierende Idyll einer kleinen Dachsfamilie, die gemächlich über die Wiesen humpelt sowie hier und da Rüben aus dem Boden rupft, war nicht lange von Bestand und wurde, spätestens nach der ersten Begegnung mit einem scheinbar nimmersatten Raubvogel, durch ein konstantes Bedrohungsszenario abgelöst. Hinter jedem Busch, hinter jedem Baum schienen weitere Fressfeinde zu lauern. Zugleich blieb die Sorge, nicht genug Nahrung zu finden, um alle Sprösslinge ausreichend versorgen zu können, zumal sich die jungen Vierbeiner als wenig kollegial erwiesen, wenn es galt, ihren Hunger zu stillen.

Angesichts dessen ist vor allem eines erstaunlich: Obwohl sich Shelter visuell wie auch gameplaymechanisch als recht simpel erweist, ist es dem Spiel binnen kurzer Zeit gelungen, mich dergestalt in das Geschehen einzubinden, dass ich kontinuierlich mitfieberte. Ich fürchtete, sorgte, kümmerte mich – und war immer wieder am Boden zerstört, wenn eines der Dachsjungen anderen Tieren oder den Naturgewalten zum Opfer fiel, denn ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, für das Wohlergehen dieser Familie verantwortlich zu sein. Allein, an dieser Aufgabe scheiterte ich kläglich.

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